Es gibt aber auch jene Größen, die mit automobilem Sachverstand und einem untrüglichen Gespür für die Märkte automobile Entwicklungen beeinflussen und damit entscheidende Weichenstellungen bewirkt haben. Eine solche Persönlichkeit war in den Anfangsjahren des Automobils Emil Jellinek und zirka fünf Jahrzehnte später Max Hoffman, den wir hier kurz vorstellen möchten.
Maximilian Edwin Hoffman wurde 1904 in Wien geboren, entdeckte in den zwanziger Jahren seine Leidenschaft für schnelle Autos und Motorräder mit denen er auch an Rennen teilnahm. Mit einem Partner zusammen gründete er in den dreißiger Jahren in Wien ein Handelsunternehmen für Importfahrzeuge. Aufgrund der politischen Lage emigrierte er Ende der dreißiger Jahre zunächst nach Frankreich, um von da aus in die USA auszuwandern. Da im zweiten Weltkrieg auch in Amerika der Automobilhandel brach lag und kein Geld damit zu verdienen war, gründete er zunächst ein Unternehmen für Modeschmuck und brachte es damit zu einem kleinen Vermögen.
Als sich das Leben nach dem Krieg wieder normalisierte, kehrte Max Hoffman zu seinen Wurzeln zurück und eröffnete 1947 die "Hoffman Motor Company" in der noblen Park Avenue in New York. Und das erste und zunächst einzige dort ausgestellte Fahrzeug, ein Delahaye Coupé mit einer Karosserie von Figoni et Falaschi, war ein klares Statement, um zu demonstrieren in welcher Liga die Hoffman Motor Company sich künftig zu etablieren gedachte. Und so konzentrierte sich Hoffman von Anbeginn auf den Import von europäischen Sport- und Luxuswagen wie Jaguar, Bentley, Rolls-Royce, Aston-Martin, Austin-Healey, Alfa Romeo und weitere exotische Marken.
Max Hoffman und der Porsche 356
Wir schreiben das Jahr 1953. Im April diesen Jahres, begann in Stuttgart-Zuffenhausen die Produktion des Porsche 356. Ferry Porsche war auf der Suche nach Absatzmärkten für seinen neuen Sportwagen. Er reiste nach Amerika und traf dort den in der Szene mittlerweile wohlbekannten Max Hoffman. Dieser war spontan am Import des Porsche 356 interessiert und zeigte damit sein mutiges Gespür für Fahrzeuge, die nicht dem Mainstream entsprachen. Denn wer in den USA sollte diese vergleichsweise kleinen Autos mit dem für Amerikaner bescheidenen 44 PS-Motor kaufen? Der Porsche kostete damals über 4000 Dollar und damit so viel wie ein großes Cadillac Cabriolet. Ferry Porsche schien dementsprechend mit seiner Einschätzung viel zu bescheiden zu sein. Denn als er andeutete zunächst mit fünf verkauften Autos pro Jahr zufrieden zu sein, erwiderte Hoffman, er habe die Absicht mindestens fünf Autos pro Woche zu verkaufen!
Die ersten 356er trafen im Herbst 1950 in New York ein. Zwei davon kaufte der US-Rennfahrer Briggs Cunningham, einen stellte Hoffman neben Mercedes-Benz und Jaguar Modellen in seinen Ausstellungsraum. Und als er selbst mit dem Heckmotor-Boxer erfolgreich an Rennen teilahm, wuchs das Interesse an dem neuen deutschen Sportwagen und die Verkaufszahlen begannen zu steigen. 1951 wurden 32 Porsche importiert und 1954 waren es knapp 600, und damit fast ein Drittel der damaligen Gesamtproduktion!
Und erneut bewies Max Hoffman das richtige Gespür für die Wünsche seiner Kunden. Er verlangte von den Porsche-Leuten einen abgemagerten 356er, der nicht mehr als 3000 Dollar kosten dürfe. Sein Wunsch wurde realisiert und der Porsche Speedster wurde ab 1955 in den USA angeboten.
Durch die spartanische Ausstattung war das Gewicht des 356ers erheblich reduziert und somit war das Auto die optimale Basis für den Rennsport. Am Ende seiner Produktion im Jahr 1958 waren es rund 4.500 gebaute Speedster, die zum größten Teil in den USA verkauft wurden.
Während Max Hoffman für Porsche die Ostküste der USA eroberte, war ein anderer Österreicher an der Westküste für das Unternehmen Porsche sehr erfolgreich tätig. Jonny von Neumann, ebenso wie Max Hoffman aus Wien ausgewandert, betrieb ebenfalls seit 1947 einen Autohandel in Los Angeles. Im Jahr 1951 besuchte er seinen Freund Max in New York, sah zum ersten Mal den Porsche 356 und war so begeistert, dass er auf der Stelle einen erworb und mit diesem anschließend mehrere tausend Kilometer von Küste zu Küste nach Hause fuhr. Dieses Auto war der erste Porsche an der Westküste und aufgrund der guten Kontakte von Jonny Neumann nach Hollywood, konnte er den 356er an eine Reihe von Stars verkaufen. Noch heute einer der berühmtesten davon war James Dean, der einen schwarzen 356 Speedster kaufte und damit Rennen fuhr. Später verkaufte er ihn im Tausch gegen einen Porsche 550 Spyder, mit dem er dann auf dem Weg zu einem Rennen tödlich verunglückte. Der tragische Unfall ist auch nach fast 60 Jahren immer noch allgegenwärtig und hat ungewollt mit zur Popularität der Marke Porsche beigetragen.
Betreut wurden die Porsche-Kunden in dieser Zeit übrigens vom „Porsche Urgestein“ Herbert Linge. Stationiert in New York, war er als hochgeschätzte „One-Man-Show“ permanent auf den großen Highways von der Ost- bis zur Westküste unterwegs und erledigte von Wartungsarbeiten bis hin zum Renneinsatz das komplette Programm als reisende Porsche-Werkstatt.
Max Hoffman, der Alfa Romeo Giulietta Spyder und der BMW 507
Noch bevor 1954 das neue Alfa Romeo Sprint Coupé offiziell vorgestellt wurde, zeigte man das Auto dem wichtigsten Autohändler New Yorks: Max Hoffman. Man erwartete sein Urteil bezüglich der Marktchancen dieses neuen Alfa Coupés in den USA. Max Hoffman war allerdings skeptisch, weswegen er die Alfa-Leute aufforderte doch einen zweisitzigen offen Roadster zu bauen, der sich in den USA mit Sicherheit besser verkaufen ließe. Die Alfa-Leute beherzigten seinen Rat, ein Prototyp wurde in Windeseile entwickelt und der bildschöne neue Giulietta-Spyder stand im darauf folgenden Jahr auf der International Motor Show in New York!
Damit nicht genug. Max Hoffman war auch ein Fan der Marke BMW und deren V8 Limousine, genannt Barock-Engel. Er hatte mal wieder eine Idee und kontaktierte daher seinen Albrecht Graf von Goertz. Dieser war zuletzt als Automobildesigner für Studebaker tätig und machte sich als solcher im Jahr 1953 selbständig. Hoffman sprach mit ihm über seine Vorstellung eines offenen BMW Sportwagens auf Basis des BMW V8 und Goertz machte erste Zeichnungen, die in gemeinsamen Sitzungen noch geändert und verfeinert wurden. Überzeugt von ihren Entwürfen bot Graf Goertz das Projekt BMW 507 dem Vorstand des Unternehmens in München an. Und was machten die BMW-Leute? Sie bauten das Auto und es stand produktionsreif im September 1955 auf der IAA in Frankfurt. Die Verkaufszahlen dieses hinreißend gestylten Roadsters waren mit 253 Exemplaren nicht sehr hoch und brachten das Unternehmen in sehr starke finanzielle Bedrängnis. Umso mehr ist der BMW 507 bei Sammlern heute heiß begehrt und verzeichnete in den letzten Jahren eine fast explosive Wertsteigerung.
Max Hoffman und die Mercedes-Benz SL-Typen
Soweit die Porsche / Alfa-Romeo / BMW Story des Max Hoffman in den frühen fünfziger Jahren. Aber es gibt auch die Geschichte von ihm über die Entstehung einer der weltweit am meisten geschätzten Sportwagen-Ikone schlechthin, dem Mercedes-Benz 300 SL „ Gullwing“ und dessen kleineren Bruder 190 SL.
Auch der Vorstandsvorsitzende der Daimler Benz AG Wilhelm Haspel begab sich Anfang der fünfziger Jahre auf die Reise in die USA, um neue Absatzwege für die ersten nach dem Krieg neu entwickelten, und auf der IAA 1951 vorgestellten Mercedes-Benz-Typen 220 und 300 zu generieren. Und auch er traf sich mit Max Hoffman und vereinbarte mit ihm einen Händlervertrag als Mercedes-Benz Importeur für die östlichen Staaten der USA. Der Vorstand der Daimler-Benz AG setzte große Hoffnungen in seinen neuen Vertriebspartner in New York und als Wilhelm Haspel im Januar 1952 und auch sein Nachfolger Heinrich Wagner nur ein Jahr später überraschend starben, war deren Nachfolger Fritz Könnecke der neue Gesprächspartner für den agilen Max Hoffman.
Seine hohe Wertschätzung in Stuttgart-Untertürkheim dokumentierte sich darin, dass er im September 1953 zu einer, wie sich später herausstellte, legendären Vorstandssitzung eingeladen wurde. Es wurde über Produkt- und Vertriebsstrategien für den amerikanischen Markt gesprochen und Hoffman kritisierte zum einen die konservativ triste Farbpalette der angebotenen Fahrzeuge und das Fehlen attraktiver Sportwagen im Mercedes-Benz Programm. Er dachte dabei an den erfolgreichen Rennsportwagen 300 SL, der im Jahr zuvor unter anderem sensationell einen Doppelsieg bei den 24 Stunden von Le Mans erzielte und die in den USA sehr populäre Carrera Panamericana gewann. Dieses Auto sollte man, so sein Vorschlag, in „ziviler“ Form als Serienfahrzeug weiterentwickeln und daneben einen deutlich preiswerteren zweisitzigen Roadster auf der Basis von Großserien-Technik bauen.
Der Vorstand reagierte auf den Vorschlag äußerst positiv und in der extrem kurzen Zeit von nur fünf Monaten (!), wurde im Februar 1954 auf der „International Motor-Show“ in New York jeweils ein Prototyp des Mercedes-Benz 300 SL Gullwing in Straßenversion und ein Prototyp des 190 SL präsentiert. Publikum und Fachpresse waren begeistert und die Entscheidung der Realisierung war damit beschlossene Sache. Der 300 SL Gullwing stand bereits wenige Monate später ab August 1954 in den Showrooms der Händler, der 190 SL ging ab Mai des folgenden Jahres in Produktion.
Beide Autos waren ein großer und legendärer Erfolg und neben den Porsche 356-Typen und dem BMW 507 ein Synonym für einen kreativen und selbstbewussten Neubeginn im kriegszerstörten Deutschland, mit Autos die eigentlich niemand wirklich brauchte. Der 300 SL ist heute eine der bekanntesten automobilen Design Ikonen überhaupt und wurde 1999 von den Lesern der Motor Klassik zum Sportwagen des Jahrhunderts gekürt. Und auch der 190 SL mit seiner dem „großen“ SL verwandten Linienführung nimmt in der Rangliste der beliebtesten Klassiker einen Spitzenplatz ein.
Ohne die Ideen und Initiativen des Wiener Autohändlers aus New York wäre die Welt um einige automobile Preziosen ärmer.
Danke Max Hoffman!
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